Warum steigen die Energiepreise?

Warum steigen die Energiepreise?

Anfang 2000 wurde der Strom- und Gasmarkt für viele weitere Anbieter geöffnet und plötzlich konnte man seinen Energielieferanten wählen. Der Wettbewerb führte zu leistbaren Energiepreisen. Weniger bezahlen bei gleichem Verbrauch! Das freute die Verbraucher. Bis sich die Situation drastisch zu deren Ungunsten veränderte. Sehen Sie sich mit uns die „Player“ genauer an!

Kein Monopol mehr

Netze, Erzeugung und Vertrieb wurden auseinanderdividiert. Was es bewirkte? Mit der Öffnung kamen auch kleine Anbieter auf den Markt, der vorher nur den großen Anbietern gehörte. Und wer wahrt dabei die Interessen der Kunden und achtet auf Versorgungssicherheit? Unabhängige Regulierungsbehörden – in Österreich die E-Control.

Wie setzen sich Gas- und Strompreis zusammen?

Der Gaspreis und Strompreis setzen sich aus drei Komponenten zusammen: den Netzgebühren, den Steuern und Abgaben und dem reinen Energiepreis. Was man noch wissen muss: Den Netzbetreiber kann man sich nicht aussuchen. Den Energielieferanten, der am Markt agiert, schon. Was noch vor wenigen Monaten etwa ein Drittel für jeden ausmachte, hat sich bereits wieder stark verändert.

Gas- und Strompreis

Netzentgelte für den Transport

Strom und Gas müssen transportiert werden, dafür braucht es Leitungen und unterirdische Rohre, die gewartet und zum Teil auch ausgebaut werden müssen. Wie hoch die Netzentgelte sind, bestimmt die E-Control als Regulierungskommission.

Steuern & Abgaben

Bund, Länder, Städte und Gemeinde heben Steuern ein. Aber welche Abgaben sind hier gemeint? Elektrizitäts- bzw. Erdgasabgabe, Verbrauchsabgabe, Umsatzsteuer zählen dazu. Besonders interessant ist hier der CO2-Preis, der Anreize für ein umweltschonendes Verhalten setzen soll. Wir wollen doch alle die Klimaziele erreichen. Der CO2-Preis wird daher weiter steigen.

Energiepreise sind Verhandlungssache

So wie wir uns den Energielieferanten aussuchen können, verhandeln diese den Einkaufspreis an der Gas- und Strombörse. Der Preis an den Strombörsen richtet sich nach dem Merit-Ordersystem. Der generelle Strompreis richtet sich nach dem teuersten Kraftwerk, das für die Stromerzeugung gebraucht wird – ein Gaskraftwerk. Steigt der Gaspreis, zieht er den Strompreis mit nach oben. 

Hier sehen Sie die Entwicklung vom österreichischem Gaspreis- und Stromindex Stand August 2022.

Gaspreisindex 2022

Vier Gründe für den steigenden Gaspreis

1)   Für Forbes ganz klar die erhöhte Nachfrage für Erdgas. Nach monatelangen Lockdowns zog die Wirtschaft 2021 weltweit an. Der Ausstieg aus Kohle und Atomenergie ließ die Nachfrage zusätzlich steigen.

2)   Der Krieg in der Ukraine führte nicht nur zu einem Rückgang der Fördermengen aus Russland sondern vor allem zu einer extremen Nervosität an den Börsen, vor allem der Gasbörse.
 
3)   Gas wird für die Stromproduktion benötigt. Die wetterbedingt geringere Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien wie Sonnen und Wind 2021 und 2022 bedingte, dass an sonnen- und windarmen Tagen Gaskraftwerke zusätzlichen Strom produzieren mussten.

4)   Auch höhere Abgaben und Entgelte treiben den Preis in die Höhe, allen voran der CO2-Preis.

Fünf Gründe, warum der Strompreis steigt 

1)   Der Strompreis hängt mit dem Gaspreis zusammen. Mehr Nachfrage nach Strom, sowohl in der Industrie nach den Lockdowns als auch bei den Endkunden, z.B. für Remote Working im Home Office. 

2)   Die teure Stromproduktion aus Erdgas verschärft die Lage und treibt den Preis in die Höhe. Das liegt einerseits am aufwändigeren Prozess, andererseits am teurer werdenden Rohstoff Erdgas. 

3)   Weniger Stromerzeugung aus nicht fossilen Quellen. Auf Grund der geringen Niederschläge geringe Stromproduktion aus Wasserkraft. Weiters sind mehrere Kernkraftwerke auf Grund von Wartungsarbeiten außer Betrieb.
 
4)   Weniger Wettbewerb um den günstigsten Preis unter den Stromanbietern, weil keiner derzeit günstig sein kann. Insolvenzen sprechen eine deutliche Sprache.
 
5)   Die Netzentgelte steigen zusätzlich, weil das Stromnetz weiter ausgebaut wird.

Fazit und Zusammenfassung

Die Öffnung des Strom- und Gasmarktes hat klare Für und Wider. Sie brachte Wettbewerb und damit sinkende Kosten für Industrie ebenso wie für Endverbraucher. Gleichzeitig liegt sie – als lebensnotwendiges Gut – in privater statt öffentlicher Hand. Pandemie, Lockdowns, wetterbedingte Knappheit an grüner Energie und Krieg stellen die Leistbarkeit sowie auch die Versorgungssicherheit auf den Prüfstand. Der CO2-Preis als Anreiz für klimabewussten Energieverbrauch ist das Tüpfelchen auf dem „i“. Die Fassade dämmen, um die Kosten einzudämmen, ist ein Weg, um den eigenen Verbrauch zu senken.

Quellenverzeichnis

Österreichs Energie (2021): 20 Jahre Strommarktliberalisierung, [online] https://oesterreichsenergie.at/aktuelles/neuigkeiten/detailseite/20jahre-strommarktliberalisierung [abgerufen am 17.10.2022]

Zinnecker Sara, Hoffmann Nina (2022): Strompreis 2022: Neue Rekordpreise und was der Staat dagegen tun will, [online] https://www.forbes.com/advisor/de/strom/strompreis/ [abgerufen am 17.10.2022]

 Kontrast (2022): Was ist die „Merit Order“ bzw. das Merit-Order-System?, [online] https://kontrast.at/merit-order-erklaert/ [abgerufen am 17.10.2022]

Amprion: Wie Stromhandel und Stromnetz zusammenhängen: DIE WARE STROM, [online] https://www.amprion.net/Netzjournal/Beitr%C3%A4ge-2019/Die-Ware-Strom.html [abgerufen am 17.10.2022]

FAQ

Was bedeutet Unbundling?

Unter „Unbundling“ versteht man die Entflechtung von Netz, Erzeugung und Vertrieb. Und zwar auf rechtlicher, organisatorischer und buchhalterischer Ebene. Das geschah bei der Liberalisierung des Strom- und Gasmarkts.

Was ist das Merit-Order-System?

Merit Order heißt übersetzt „Reihenfolge der Vorteilhaftigkeit“. Nach diesem Prinzip entsteht der Preis auf den Strombörsen. Und so funktioniert es: Stromkunden verlangen eine gewisse Menge Strom von ihrem Stromanbieter. Dieser kauft zuerst vom billigsten Erzeuger, also solche, die erneuerbare Energie (Sonne, Wasserkraft, Windkraft) herstellen. Danach vom nächst billigeren usw., bis er die Nachfrage erfüllt hat. Das Kraftwerk, von dem er zur Deckung der Nachfrage zuletzt gekauft hat, ist das teuerste. Und an diesem orientiert sich der Strompreis – für den gesamten Strom, den es am Markt gibt.

Warum ist der Strompreis an den Gaspreis gekoppelt?

Weil das letzte und teuerste Kraftwerk für die Stromerzeugung ein Gaskraftwerk ist. Wenn also der Gaspreis hinaufgeht, steigt auch der Strompreis.

Wer hat das Merit-Order-System erfunden?

Bevor der Strommarkt liberalisiert sprich geöffnet wurde, waren Strom, Netz und Vertrieb bei einigen wenigen Stromanbietern gebündelt. Der Preis war behördlich festgelegt. Mit der Liberalisierung kam das Merit-Order-System. Der Strom wird über die Strombörse gehandelt, und das international.

Was bedeutet Day-Ahead-Market?

Weil das letzte und teuerste Kraftwerk für die Stromerzeugung ein Gaskraftwerk ist. Wenn also der Gaspreis hinaufgeht, steigt auch der Strompreis.

Autor: Gerhard Philipp

Baumit Umwelt- und Verfahrenstechnik

Email anzeigen
Email anzeigen